Die Prüfung - Tag eins

Es ist so weit. Fünf Uhr in der Früh und ab in die Autos und zum Schießstand. Drei Stunden noch bis zur Schießprüfung. Drei Stunden, oder 180 Minuten, oder 10.800 Sekunden. Wie man es auch dreht und wendet, die Zeit wurde knapp. Also wurde während der Fahrt die Jagd-App noch ein letztes Mal zum Glühen gebracht, die Bücher gewälzt und das Internet um Rat gefragt. 

 

Stunde Null: schnell unsere einheitlichen T-Shirts übergezogen. Auf zur ersten Etappe. Und nicht vergessen, immer lächeln.

Den Bock mit Maximalpuls zu schießen ist eine wahre Herausforderung. Doch, ein besseres Training gibt es nicht. Schließlich stehen wir nach erfolgreicher Prüfung nicht mehr einem Bock aus Pappe gegenüber. Vielmehr entscheiden wir über Leben und Tod. Da ist Maximalpuls und -aufmerksamkeit richtungsweisend. 

 

Nun aber wieder zu meinem Bock, mit fünf Schuss mussten 25 Punkte erzielt werden -  einmal tief durchatmen. Ruhe bewahren. Und... Schuss! Konnte sich sehen lassen und schaffte vor allem Beruhigung. Das Herz klopfte dennoch bis zum Hals, die Hände -  schweißnass. Doch nicht der Körper entscheidet hier, der Kopf ist der Schlüssel zum Erfolg. Schuss zwei und drei: Volltreffer! Etappe eins geschafft. 

 

Zeit zum Durchatmen blieb keine, weiter zum laufenden Keiler. Generalprobe versemmelt, Premiere ein voller Erfolg. Es wäre zu schön gewesen. Es sollte nicht sein, der Kopf hat entschieden. Durchgefallen! 

Ruhe bewahren. Ein Weltuntergang sieht anders aus. Und ein kurzer Schnack mit dem Prüfer kann Wunder bewirken. Nein, ich bin nicht die Einzige, die hier nicht auf Anhieb trifft. Aus dem Mund eines erfahrenen Jägers hört sich das doch schon ganz anders an. Langsam kehrte eine wohlige Gelassenheit ein. Also gab es, nicht nur für mich, Runde Nummer zwei. Vorher durften wir aber noch ein bisschen „trocken“ üben und uns mit dem Keiler aus Pappe anfreunden. Inzwischen waren wir per „Du“, der laufende Keiler und ich. 

 

Jetzt aber. Kopf aus. Schuss. 

Große Augen: kein mucken und zucken mehr. Volltreffer. 

Nur noch zwei Treffer, dann wäre es geschafft. Schuss Nummer zwei und drei: Passt! 

Erleichterung pur, nicht nur bei mir, auch die Prüfer hatten plötzlich besonders gute Laune. Mit einem Lachen auf den Lippen zu Etappe Nummer drei. 

 

Tontauben, Flinte oder Trap. Wie man es nannte, es blieben fünf zu treffende rote Punkte am Himmel. Bis jetzt habe ich alles andere geschafft, jetzt wird das auch klappen. Es muss einfach. Bei Treffer Nummer fünf entfuhr mir dann aber doch ein kleiner Jubelschrei. Das war´s. Die Schießprüfung bestanden. Dank unserem erfahrenen Lehrmeister in den letzten zwei Wochen und äußerst besonnenen Prüfern, die immer zur rechten Zeit das richtige Wort parat hatten, bleibt mir dieser Vormittag, trotz Prüfungsstress, in guter Erinnerung. 

 

Ein Hooooooch auf unnnns...noch nicht. Der Tag war noch lang. Zum Feiern also viel zu früh, trotz Etappensieg. Die Staffel ging in Runde zwei. Sprich: die schriftliche Prüfung stand an. Jetzt gab es nur noch richtig oder falsch. Fünf Themengebiete à 20 Fragen. Multiple-Choice. Konzentration. Für irgendwas mussten die Vorbereitungstest, das Klicken in der Jagd-App und das permanente Lernen doch gut gewesen sein. Es wurde still im Raum, ratsch ratsch. Nur noch das Schaben des Kugelschreibers war zu hören. Und dann, ohne großes Tamtam, war es geschafft. Ob bestanden oder nicht, wir würden es am nächsten Morgen erfahren. Dennoch, der Stein, der uns vom Herzen fiel war kaum in Worte zu fassen. 

 

Endlich im Gasthof eingecheckt, hungrig bis unter die Achseln. Und dann: Ein Festmahl auf´s Haus. Gesponsert von unseren Jagdlehrern. Ruhe kehrte ein, Genuss, strahlende Gesichter, Nachschub wurde geordert – es schmeckte. Doch wenn es am schönsten ist, sollte man aufhören. Als Einschlafhilfe diente also mal wieder unser heiß geliebtes Enten-Quartett. Mit Krick-, Schnatter-,Stock- und Reiherente auf direktem Weg ins Land der Träume.