Was bedeutet Jagd und Natur für mich? - TEIL I

Mit dem Jagdschein habe ich den ersten Schritt gewagt. Den ersten Schritt dahingehend, mehr über die Natur zu verstehen. 

Natürlich hätte ich mir das Wissen auch anders aneignen können. Bücher lesen, das Internet durchforsten, mit Fachleuten sprechen…die Liste ist lang. Aber nicht umsonst wird der Jagdschein auch das grüne Abitur genannt - der Anspruch ist hoch. 

 

Und doch ist der Status Quo in Sachen Wissensansammlung ziemlich dünn. Wenn ich realistisch bin, weiß ich gerade mal einen Bruchteil dessen, was es an Informationen zum Thema Natur und Jagd gibt. Jeder Tag, ob bei der direkten Jagdausübung oder beim Spaziergang durch die Landschaft, wirft immer noch sehr viele Fragezeichen auf. Aber ich schweife ab. Um auf die eigentliche Frage zurück zu kommen, was bedeutet Jagd und Natur eigentlich für mich?

 

Für mich verschmelzen die Jagd und Natur, die Übergänge sind fließend, um nicht zu sagen, kaum vorhanden. Wir Menschen haben es geschafft, im Laufe der Jahrhunderte der Natur immer mehr Herr zu werden. Wir haben die Möglichkeit, eine Straße inmitten eines Waldes zu bauen, wir können Gebäude errichten, die vor Hunderten von Jahren noch jenseits der Vorstellungskraft lagen, wir können uns problemlos mit Auto, Bahn und Flugzeug fortbewegen. Auch hier könnte ich ewig weiter machen. All das bedeutet einen enormen Fortschritt für unser Leben, aber auch einen beachtlichen Eingriff in unsere Natur. 

 

Und genau deswegen reizt es mich, mehr über die Natur zu erfahren und lernen. Denn diese ist ganz ohne den Eingriff des Menschen entstanden - eine Tatsache, die für mich schwer zu greifen ist. Und doch in der Zukunft immer wichtiger wird. Denn wenn wir Menschen nun anfangen, die Natur zu regulieren, dann müssen wir auch verstehen, wie sie funktioniert. Nur durch gezielte Maßnahmen und kontrolliertes Eingreifen kann der Schaden, den wir unserer Umwelt zufügen, reguliert und in Schach gehalten werden. 

 

Ich bin in einer kleinen Stadt aufgewachsen, um nicht zu sagen, auf dem Land. Als ich noch jünger war, habe ich es genossen, am Wochenende in der nächstgrößeren Stadt meine Freizeit zu verbringen. 

Je älter ich jedoch wurde, desto mehr habe ich mich nach dem Gefühl der Ruhe gesehnt. Dieses habe ich gefunden, wenn ich mit meinen Inlineskatern oder Laufschuhen im Umland unterwegs war. 

 

Weite Felder prägten das Bild - ein Gefühl von Freiheit. Du wusstest, es wird Frühling, wenn die Luft plötzlich den Duft von wildem Flieder einnahm. Dann folgt der Sommer, die Tage werden länger, das markante Stechen von frisch gemähtem Gras kitzelt in deiner Nase und du genießt den Duft des Regens, der nach einem heißen Sommertag auf der Straße trocknet. Wenn die Mähdrescher dann nicht mehr um 22 Uhr noch durch die Nacht knattern merkst du langsam, der Herbst klopft an. Und wieder diese Gerüche. Aber nicht nur das, das Laub färbt sich in allen erdenklichen Farben, jeden Tag bekommst du ein anderes Bild geboten. Was jetzt noch fehlt: der Winter. Was gibt es schöneres als an einem klaren, sonnigen Wintermorgen durch den Wald zu gehen, während sich an den Bäumen das gefrorene Wasser im Licht bricht?

 

Vielleicht waren das die Gründe, die mich für die Natur begeistern konnten. Und auch die Tierwelt faszinierte mich immer mehr. Wie schaffen es all diese Wesen, sich so perfekt in das System Natur und Mensch einzufügen? Und was passiert mit ebendiesen, die es nicht mehr schaffen, in diesem System mitzuschwimmen? Nichts lag also näher, als sich irgendwann für den Jagdschein und die damit verbundene aktive Jagdausübung zu entscheiden. 

 

Dabei habe ich immer mehr gemerkt, wie wichtig es für mich ist, in der Natur zu sein und dabei die Jagd ausüben zu dürfen. Dieses Gefühl, inmitten der Tierwelt, während du möglichst still und ruhig auf dem Hochsitz hockst, ist unbeschreiblich. Dabei verspüre ich eine innere Ruhe, die ich in meinem Leben bisher nie kenngelernt habe. 

 

Jagd ausüben, heißt aber nicht nur, auf Tiere zu schießen. Nein, als Jäger hast du eine Verantwortung. Die Verantwortung, das zu regulieren, was die Menschen durch ihren Eingriff verändert haben. Das ist absolut nicht wertend gemeint, auch ich fahre mit dem Auto von A nach B und freue mich darüber, den Wald als Erholungsort nutzen zu dürfen. Aber als Jäger bekommst du oft die Schattenseiten dessen zu spüren. Du wirst gerufen, wenn ein Stück Schwarz- oder Rehwild vom Auto erfasst wurde oder ein Hund im Wald gewildert hat. Auch in Notzeiten bist du im Einsatz, denn unser frei lebendes Wild bekommt nicht jeden Tag von uns Menschen zu einer festen Zeit sein Futter. Und was ist mit Wildschäden? Auch hier liegt es an dir, Gegenmaßnahmen zu treffen. Ebenso wie all die Schäden, die im Wald durch Stürme wie beispielsweise Kyrill entstanden sind. 

 

Unter dem Überbegriff Jagd verbirgt sich also mehr, als nur das Töten der Tiere. All das macht es für mich so interessant, aktiv die Jagd auszuüben.