
Wo kommt das Fleisch, das wir essen, eigentlich her?
Nein, es wächst nicht in der Kühltheke im Supermarkt. Und ja, dafür muss wirklich ein echtes Tier sterben. Sich dessen bewusst zu sein, finde ich enorm wichtig. Daher ist es für mich auch immer faszinierend zu sehen, wie sich der Prozess der Wildbretverwertung gestaltet. Im Supermarkt kann ich nicht sehen, wie das Tier vorher gelebt hat. In der freien Wildbahn hingegen, habe ich oft schon eine Beziehung zu dem Stück aufbauen können (zumindest im eigenen Revier). Ich weiß, wie es gelebt hat und weiß, ob es gerade Schonzeit hat, krank ist oder es zum Abschuss frei ist. Auch bin ich mir dessen bewusst, dass, sobald ich die Kugel fliegen lasse, ich dieses Leben auslöschen werde. Es liegt also in meiner Hand.
Daher erfolgt der Prozess des Erlegens sehr bewusst und kontrolliert. Ganz im Gegensatz zu dem Fleischkauf im Fachhandel.
Bin ich also statt in den Supermarkt ins Revier gegangen, habe ich die Kugel fliegen lassen und das Stück liegt, folgt das Bergen und aufbrechen. Dabei merkst du immer wieder, das war mal ein Lebewesen. Also geh achtsam damit um. Innereien werden verwertet und nichts wird einfach so entsorgt. Beim zerwirken fängst du an, das Stück zu portionieren und siehst, was am Ende auf deinem Teller landen wird. Diese Ganzheitlichkeit macht es immer wieder auf´s Neue spannend.
Aber ich bin noch nicht am Ende, denn wie sagt man so schön: Jagd ohne Hund ist Schund. Leider hatte ich bisher nicht die Möglichkeit, einen eigenen Hund zu halten. Das heißt allerdings nicht, dass mein Wunsch nach einem Jagdbegleiter auf vier Beinen nicht omnipräsent ist. Besonders, wenn mal wieder ein Jagdwochenende zu Ende gegangen ist, merke ich, welch eine Bereicherung ein gut ausgebildeter Jagdhund für alle Beteiligten ist. Und das, obwohl sie so vielseitig wie ihre Führer sind. Und das macht mir ein ums andere Mal deutlich, welche Verantwortung der Hundehalter bei der Ausbildung eines Hundes hat.
Mit meinem Patenonkel habe ich das für mich größte Los gezogen. Er ist nicht nur ein „alter Hase“ was die Jagdausübung angeht, nein, er ist vielmehr ein unglaublich weltoffener und aufgeschlossener Mensch. Er sieht in uns Jungjägern, insbesondere den Frauen unter ihnen, die Zukunft der Jagd. Er ermöglicht es mir, die Natur aus andern Augen wahrzunehmen: indem er mir alles en détail erläutert, mit einem Weitblick, der selbst eine Douglasie für mich erlebbar macht.
Und da sind auch noch die zwei Hunde meines Patenonkels, die mich bei meiner Jagdausübung begleiten: Dina, die Schweißhündin mit ihrem eigenen Kopf, und Merlin, der Schweißhunde-Welpe mit seiner Verspieltheit. Beide Hunde sind zwei ganz besondere Charaktere, jeder für sich weiß zu begeistern. Besonders wenn es an die Arbeit geht. Noch nie habe ich einen Hund gesehen, der so konzentriert seine Aufgabe erledigt. Nicht nur konzentriert, vielmehr mit einem Willen und einer Begeisterung, die einfach ansteckend ist. Und dann die Freude, wenn das Stück erfolgreich nachgesucht wurde. Wie oft wir uns dabei schon in den Armen lagen, mit Freudentränen in den Augen. Weil eine scheinbar aussichtslose Situation dank der Hunde zu einem positiven Ende gekommen ist.
Einen Welpen begleiten zu dürfen ist eine Ehre. Und einen Schweißhunde-Welpen groß werden zu sehen ist mehr als das. Nicht nur der Hund lernt, auch ich lerne immer wieder dazu. Eine Win-Win-Situation. Die beiden Hunde und meinen Patenonkel nach der gemeinsamen Zeit wieder verlassen zu müssen, ist immer mit Wehmut verbunden.
Diese Komplexität von Emotionen, Gefühlen und Verantwortung macht die Jagd zu etwas ganz Besonderem. Und es gibt nichts schöneres, als das Wissen, ein Teil davon zu sein.