Merlin fürs Herz

Ein langes Wochenende stand vor der Tür. Wo andere in den Urlaub fahren, Schützenfest feiern oder einfach nur die Seele baumeln lassen, hatte ich einen anderen Plan. Den Merlin-Plan. Hundesitting!

 

Für vier Tage durfte ich den Kleinen, der eigentlich gar nicht mehr so klein ist, in meine Heimat entführen. Meine Heimat: ein kleines Städtchen im schönen Münsterland. Das bedeutete also eine gute Stunde Autofahrt für Merlin. Autofahren findet er ja ganz cool, aber ob er das in einem fremden Auto auch noch so fluffig findet? Ein bisschen ging mir schon die Düse. Und wie sollte ich den Kleinen den ganzen Tag beschäftigen? Fährtenarbeit? Schön wär´s. Hätte ich doch nur ein Stückchen Wald dafür zur Verfügung…

 

Also ging mir noch mehr die Düse und ich wälzte schon Tage vorher alle Hundebücher, die mir in die Hände fielen. Die Mittagspausen verbrachte ich in Buchläden und versuchte alle Informationen aufzusaugen, die es über die Welpen- bzw. Hundeerziehung gibt. Irgendwann kam ich mir dann aber echt zu blöd vor. Hey, ich kenne den Kleinen doch. Habe schon etliche Stunden, Tage und Nächte, Seite an Seite mit ihm verbracht. Habe mich von ihm durch die tiefsten und matschigsten Tümpel ziehen lassen, mich um vier Uhr in der Früh von ihm wecken lassen, ich habe ihn in den Schlaf gesummt, ich halte ihm mein Gesicht hin, um mir den feuchtesten und liebevollsten Hundekuss der Welt abzuholen. Warum bin ich also so nervös?

Eben. Es wird schon gut gehen. Denn wir kennen uns nicht nur – wir erkennen uns, ganz ohne Worte.

 

Jetzt geht’s aber los: Kofferraum auf, Hund rein. Mit einem Satz und purer Freude. Klappe zu, einsteigen und blick in den Rückspiegel: Merlin, zusammengerollt auf seiner Decke, pennt wie ein Stein. Die Ruhe vor dem Sturm? Oder sollte es wirklich so einfach sein? Es war so einfach. Erst als der Motor wieder ausgestellt wurde, wurde Merlin lebendig. Schnurstracks zur Tür und ab in den Garten.

 

Als Unterstützung und Welpenstiefmama habe ich dann doch noch meine eigene Mama engagiert. Sicher ist sicher. Und so bekam Merlin die kommenden Tage ein rundum Sorglospaket von uns. Tag für Tag wurde der Kleine immer mehr Familienmitglied und fühlte sich sichtlich wohl.

 

Um 6 Uhr in der Früh weckte er mich dann auch schon am nächsten Morgen mit einem dicken Schmatzer und ich wusste: jetzt bekommt er seine wilden fünf Minuten. Jetzt ist Spielezeit. Liegen bleiben ist also nicht. Stattdessen versuchte ich im Park mit ihm meine Runde zu drehen. Wären da nicht die Kaninchen. Merlin dachte gar nicht ans gemütliche spazieren gehen. Ich war plötzlich gänzlich unwichtig und wurde durch den Kaninchenmodus ersetzt. Okay. So klappt das nicht. Also doch den Hund ins Auto verfrachtet und in den nächsten Wald gefahren. Viel besser und auch für mich so viel entspannter. Ja, so kann der Tag starten.

 

Wieder daheim gab´s Frühstück für alle. Dann stand Gartenarbeit auf der Agenda. Sogar dafür war Merlin zu begeistern. Während ich versuchte, ein bisschen Struktur in unsere Pflanzenlandschaft zu bringen, grub Merlin fröhlich die Erde um und sorgte dort schon mal für eine neue, sehr kreative Struktur. Na, so kann man sich die Gartenharke doch sparen. Um am Ende aber nicht nur Ackerfläche zu bekommen, ging ich dann noch mit ihm eine gemütliche Runde joggen. Jetzt sollte er aber platt sein.

 

Haha. Platt, müde, geschafft – diese Zustände kennt Merlin nicht. Denn wieder zu Hause, forderte er mich noch zum Fußballduell auf. Gewinnen? Aussichtslos. Aber endlich. Langsam schaltete auch er in den Entspannungsmodus.

 

Und so vergingen die Tage mit Merlin wie im Flug. Wunderschöne Tage. Tage, die mich in meiner Entscheidung, sobald es die Lebensumstände zulassen, einen eigenen Jagdhund anzuschaffen, umso mehr bestärkten. Mit einem lachenden und weinenden Auge zugleich setzte ich Merlin nach vier sehr intensiven und ereignisreichen Tagen dann wieder in seiner eigenen Heimat ab. Und was gibt es Schöneres, als zu wissen, dass wir uns schon ganz bald wiedersehen werden?