
Also raus aus den nassen Klamotten und rein in den feinen Zwirn…
...Während noch feierlich die Schützenbrüche den erfolgreichen Schützen übergeben wurden, machten wir es uns schon einmal im Festsaal gemütlich und genossen die Ruhe. Peu à peu kamen auch die restlichen Gäste. Die Tische waren mehr als festlich gedeckt, an den Wänden wurden Filme über die heimische Tier- und Naturwelt gezeigt und das Servicepersonal ließ mit den passenden Getränken nicht lange auf sich warten.
Nachdem von den Jagdhornbläsern das Essen „angeblasen“ wurde stand auch schon der erste Gang auf dem Tisch – Kartoffelsuppe mit Pfifferlingen. Ich hätte den ganzen Topf auslöffeln können, aber mit Blick auf den Hauptgang und die Nachspeise habe ich mich dann doch zurückgehalten. Es folgten Gänsebraten mit wunderbaren Beilagen und zum krönenden Abschluss Kaiserschmarren. Die Gespräche flossen vor sich hin. Und wie jedes Jahr gehörte auch dieses Mal ein themenspezifischer Vortrag zum Abend.
20 Minuten wurden wir mit allen relevanten Details über das Auerhuhn versorgt und hatten noch genügend Zeit, all unsere Fragen zu stellen. Während es sich die Jagdgäste danach langsam an der Bar gemütlich machten, war für uns hier Zapfenstreich. Denn schon in acht Stunden würde Runde zwei der Nachsuche eingeläutet werden.
Einen Wecker kann ich mir dank Merlin ja inzwischen sparen, pünktlich auf die Minute wird der kleine Schweißhund munter und schmeißt mich aus den Federn. Aber mal im Ernst, wenn du zwischen penetrantem Wecker oder einem feuchten Hundekuss entscheiden müsstest...? Eben. Der Hundeschmatzer ist doch ein viel schönerer Start in den Tag.
Nach dem Frühstück fuhren wir mit den beiden Hunden zum Sammelplatz. Heute sollten die Nachsuchen und Kontrollen erfolgen, die am gestrigen Tag auf Grund der Dunkelheit nicht mehr abgearbeitet werden konnten.
Jeder Hundeführer bekam alle wichtigen Informationen, die für die Arbeit relevant waren. Für uns standen nun noch fünf Kontrollen auf dem Plan.
Zugegeben, ein bisschen frustriert war ich zunächst schon. Wir sind gestern den halben Tag bei strömenden Regen durch alles gelaufen, was der Wald zu bieten hatte und haben am Ende doch keinen Erfolg gehabt.
Andererseits, was heißt schon Erfolg? Wenn ich drüber nachdenke, hatten wir doch mit jedem Schritt Erfolg. Denn nichts zu finden oder die Gewissheit zu haben, dass das Stück von einem weiteren Schützen erlegt wurde, lässt das verantwortungsvolle Waidmannsherz doch höherschlagen.
Und es schlägt noch höher, wenn der Schweißhund dir plötzlich das verendete Stück im Wundbett anzeigt. Besonders dann, wenn du denkst, dass dein menschlicher Verstand mehr kann als die feine Nase des Hundes.
Was ich damit meine: Auf unserem Zettel standen noch zwei Standnummern, die es abzuarbeiten galt. Wir starteten an Stand 418 und Dina nahm direkt Witterung auf. Mit konzentrierter Nase arbeitete sie auf der Schweißfährte. Plötzlich wurde sie unruhig, beim Rundumblick sahen wir die scheinbare Ursache. Dort wo Dina Laut gab, fanden wir ein rotes Bändchen am Baum. Logische Schlussfolgerung, hier hat der Schütze eines anderen Standes ein Stück erlegt.
Für uns war die Arbeit damit erledigt, für Dina nicht. Mein Patenonkel hatte die Hündin schon vom Riemen gelassen, weil wir uns auf den Rückweg machen wollten.
Doch statt uns zu folgen, folgte sie ihrem eigenen inneren Kompass. Alles Rufen half nichts. Komisch, sonst hört die Schweißhündin immer auf´s Wort. Wenn der Hund also nicht zu uns kommt, kommen wir eben zum Hund. Irgendeinen Grund muss es schließlich für ihr Verhalten geben.
Und diesen Grund sahen wir auch schon vor uns. Ein Überläufer von rund 50 Kilo lag im Wundbett. Dina, stolz wie Oskar, beutelte das Stück und auch der kleine Merlin ließ den Überläufer nicht mehr aus den Augen. Mein Patenonkel und ich freuten uns genauso und lagen uns glücklich in den Armen.
Wir markierten die Fundstelle mit blauen Bändern und gaben den Standort an die Kollegen, die das Stück abholen sollten, weiter.
Doch wie konnten wir uns so irren? Ein Blick auf unseren Plan mit den Standnummern gab schnell Aufschluss. Stand 420, der auch auf unserer Liste für die Nachsuche stand, hatte ebenfalls auf einen Überläufer geschossen. Und genau dieses Stück hatten wir vor uns, das erklärte auch die zwei Einschusslöcher.
Ja, so schnell kann man falsch liegen. Hätten wir den gut ausgebildeten Schweißhund nicht an unserer Seite gehabt, hätten wir unseren Irrtum wohl erst bei der Kontrolle von Stand 420 bemerkt.
Am Ende des Tages konnten wir noch einen weiteren starken Überläufer von rund 70 Kilo vermelden und zwei Kontrollen bei denen der Baum die Kugel abbekam, nicht das Stück Schwarzwild.
Mein Resümee der ersten Drückjagd und Nachsuche: Unbeschreiblich. Ich habe es dennoch versucht, meine Eindrücke in Worte zu fassen und freue mich auf Euer Feedback.