Die fremde Welt der Jäger!

Die Jagd kann manchmal ziemlich befremdlich sein. Besonders, wenn man nicht damit aufgewachsen ist. Was ich damit meine? Nun ja, fangen wir mal bei der Optik an. Grüne Gummistiefel, grüne Hose, grüne Jacke, grüner Hut. Oder alternativ, alles schön in Neon-Orange. Also entweder möglichst so aussehen wie der Wald. Oder möglichst nicht so aussehen wie der Wald. Ach ja, nicht zu vergessen, die obligatorische Waffe über der Schulter.

 

Was hat es also damit auf sich, dass die Waidmänner ganz bestimmte Kleidung tragen? Können die nicht einfach in „normalen“ Klamotten durch die Natur gehen? Könnten sie schon. Aber nach meinem ersten Ausflug in die Natur als Treiberin bei einer wirklich sehr anstrengenden Drückjagd im Sauerland, habe ich schnell gemerkt: Die Kleidung, die all die Grünröcke tragen, macht wirklich Sinn. Ob als Treiber oder Schütze, du bist froh über das robusteste Material, was du bekommen kannst. Schließlich willst du nach einem Mal tragen nicht deine gesamten Sachen in die Tonne schmeißen, nur weil du ein Mal die Bekanntschaft mit den Brombeeren machen durftest. Du freust dich über alles, was warm hält, keinen Regen durchlässt oder ausreichend atmungsaktiv ist. Dementsprechend muss man die Kleidung der Jäger sozusagen als Berufskleidung sehen. So wie ein Maler privat auch etwas Anderes anzieht, als bei der Arbeit.

 

Aber gut, machen wir weiter: die Sprache. Kein „Hallo“ oder „Guten Tag“, stattdessen ein „Waidmannsheil“. Wer sich bedankt, sagt hier dann „Waidmannsdank“. Aber das auch nur unter Jägern. Einem Nicht-Jäger entgegne ich schließlich kein „Waidmannsdank“. Warum auch? Ja genau, warum eigentlich? Angeblich wollen wir Jäger uns nicht von unserer Umwelt abgrenzen, aber tun wir nicht genau das damit?

 

Als ich mich noch nicht mit der Jagd beschäftigt habe, habe ich mich genau durch solche Formalitäten ausgegrenzt gefühlt. Weder konnte ich verstehen, worüber die Grünkittel gerade sprechen, noch hatte ich das Gefühl, mich an den Gesprächen beteiligen zu können. Für mich war diese „Sprache“ eine Fremdsprache.

 

Und als ich dann mit der Jagd begonnen habe, hatte ich oft Angst, etwas Falsches, nicht waidgerechtes, zu sagen. Könnte ich doch direkt als blutige Anfängerin ertappt werden. Also lieber erst mal den Mund halten und zuhören?! Das ist ja auch nicht der richtige Weg. Denn jeder Jäger hat schließlich mal klein angefangen. Und jeder hat mal genau das Falscheste zum falschesten Zeitpunkt vom Stapel gelassen. Aber gerade das macht uns doch so menschlich. Nicht perfekt zu sein. Und wenn du unter den Jägern mal was nicht waidgerechtes gesagt hast: bei mir war es bisher nie ein Problem. Schließlich kannst du nie alles auf Anhieb richtig machen.

 

Und die Sprache soll ja auch nicht dazu dienen, sich vom Rest der Welt abzugrenzen. Vielmehr kann in ganz jagdspezifischen Situationen die Kommunikation so um ein Vielfaches erleichtert werden. Ein kurzer Exkurs zum Sport: Beim Handball wird von der „Schnellen Mitte“ gesprochen, beim Fußball vom „Abseits“, beim Tennis habe ich einen „Match Ball“, ich könnte ewig so weiter machen. Auch die Sportler wollen sich mit ihren kurzen und knackigen Beschreibungen nicht abgrenzen, sondern für einen bestimmten Sachverhalt eine schnelle Erklärung liefern. Und dazu gehörten nun mal bestimmte Vokabeln.

 

Wenn du dich also mit der Jagd beschäftigst, merkst du schnell: alles hat seine Gründe. Wie in vielen Bereichen. Was wir jedoch tun können: allen Skeptikern oder Nicht-Jägern mit Verständnis gegenübertreten. Wenn möglich, sogar noch ein wenig Aufklärungsarbeit leisten. Und bei Unverständnis einfach freundlich bleiben und weiter lächeln.

 

In diesem Sinne: Waidmannsheil!